Gründungszuschuss-Ausgaben sollen bis 2013 um 80 Prozent gesenkt werden
Von der Leyen will Ausgaben für Gründungszuschuss innerhalb von zwei Jahren um 80 Prozent senken / Gesetzesentwurf intern vorgelegt / Direktor des IAB widerspricht
(gruendungszuschuss.de, Reuters) Das Arbeitsministerium hat am Mittwoch bereits den Gesetzesentwurf zur Reform der Arbeitsmarktinstrumente an die übrigen Ministerien verschickt. Der Text liegt der Nachrichtenagentur Reuters vor. Darin werden die Einsparungen bei der Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2012 bis 2015 auf rund 7,5 Milliarden Euro beziffert. Der Löwenanteil entfällt auf den Gründungszuschuss, für den die BA derzeit rund 1,8 Milliarden Euro ausgibt. Ab 2013 sollen es nur noch etwa 400 Millionen Euro sein. Es sollen also fast 80 Prozent eingespart werden.
Die Kürzungen stoßen bei Arbeitsmarktexperten auf Kopfschütteln. Bei der Begründung der Einsparungen hatte sich die Ministerin auf eine Studie des zur Bundesagentur für Arbeit gehörigen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berufen (wir berichteten). Nun mahnt laut Reuters ausgerechnet Joachim Möller, der Direktor des IAB, zur Vorsicht im Ungang mit dem Rotstift. Gerade in Zeiten sinkender Arbeitslosigkeit könne die Förderung von Arbeitslosen ihren Nutzen entfalten, wenn Arbeitskräfte knapper würden und mehr Arbeitsplätze zu besetzen seien. „Dann schlägt die Stunde der Vermittlung.“
Zu den geplanten Einsparungen beim Gründungszuschuss erklärt Müller: „Vom gesellschaftspolitischen Standpunkt aus finde ich das sehr ungünstig. Für uns war es erstaunlich zu sehen, wie stabil doch die Gründungen sind, die sogar zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.“ Die von der Ministerin ins Feld geführten Mitnahmeeffekte ließen sich kaum beziffern.
Die Aussage von Müller zum Thema Mitnahmeeffekte ist besonders pikant, denn die Ministerin begründet die geplanten Einsparungen mit angeblichen hohen Mitnahmeeffekten, von denen in der Studie des IAB die Rede sei. Das Institut hatte im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Ergebnisse früherer Untersuchungen zur Wirksamkeit der Gründungsförderung und anderer arbeitsmarktpolitischer Instrumente zusammengefasst. Möglicherweise handelt es sich um ein Mißverständnis, denn in der Studie heißt es im darauffolgenden Satz: „Zum Teil wären die Gründungen (ohne die Förderung) allerdings später oder in geringerem Umfang erfolgt.“ Und im weiteren Verlauf: „Nach den mikroökonomischen Wirkungsstudien sind die … Maßnahmen als die erfolgreichsten Instrumente einzuschätzen.“
Zudem bezweifelt das Ministerium selbst, ob die geplanten Kürzungen sich in voller Höhe als Einsparungen erweisen. Wenn der Gründungszuschuss gekappt wird, bezögen Arbeitslose stattdessen länger Arbeitslosengeld I. Im Gesetzentwurf wird ausdrücklich eingeräumt: „In welchem Umfang dadurch gegebenenfalls die Ausgaben für Arbeitslosengeld steigen, lässt sich nicht quantifizieren.“
SPD und Grüne kritisierten die Kürzungspläne scharf. SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil sprach laut Reuters von einem „dummdreisten Versuch“, zulasten von Langzeitarbeitslosen zu sparen. „Immer mehr Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften, andererseits verfestigt sich die Langzeitarbeitslosigkeit. Eine solche Spaltung des Arbeitsmarktes dürfen wir nicht zulassen.“ Auch Heil kritisiert vor allem die Einschnitte beim Gründungszuschuss.
Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer warf von der Leyen vor, sie setze auf „Leistungsverweigerung gegenüber den Arbeitslosen“ statt auf Leistungssteigerung bei den Instrumenten am Arbeitsmarkt. Die Reform stehe unter einem „Rotstift-Diktat“.
Kommentar: Die Damen und Herren Mandatsträger in Berlin träumen ja immer noch von der Vollbeschäftigung – auch das zeugt von enormer Kompetenz in Sachen Arbeitsmarkt. In Zeiten der globalisierten Wirtschaft ist das natürlich Mumpitz und die Selbstständigkeit der so ziemlich einzige Weg zur Existenzsicherung. Wenn man dafür nun die Mittel radikal zusammenstreicht – dann gute Nacht.