Ein Schlag ins Gesicht der Selbstständigen? Die geplante Aktivrente sorgt für Zündstoff
Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine Neuerung angekündigt, die derzeit für hitzige Debatten sorgt: die Einführung der sogenannten Aktivrente zum 1. Januar 2026. Das Konzept soll es Arbeitnehmern ermöglichen, auch nach Erreichen des regulären Renteneintrittsalters weiterzuarbeiten und gleichzeitig Rente zu beziehen, ohne dass es zu Abzügen kommt. Was auf den ersten Blick wie eine faire Lösung klingt, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als ein hochumstrittenes Vorhaben – denn wie aus Koalitionskreisen bekannt wurde, soll die Regelung „zunächst“ nur für Angestellte und Beamte gelten. Selbstständige wären von der neuen Regelung ausgeschlossen.
Ein falsches Signal
Die Entscheidung, Selbstständige von der Aktivrente auszuschließen, stößt auf scharfe Kritik. Andreas Lutz, Vorstand des VGSD (Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e. V.), bezeichnete die Idee in einem Statement als „Schlag ins Gesicht der Selbstständigen“. Er sieht darin nicht nur eine Benachteiligung, sondern auch eine grundsätzliche Missachtung der Lebensrealität von Millionen von Einzelunternehmern, Freiberuflern und Kleinunternehmern in Deutschland.
Diese Kritik ist nicht unbegründet. In den letzten Jahren hat sich der Arbeitsmarkt stark gewandelt. Die Zahl der Selbstständigen ist stetig gestiegen, und sie tragen maßgeblich zur wirtschaftlichen Leistung des Landes bei. Viele von ihnen haben aus Überzeugung den Weg in die Selbstständigkeit gewählt und bauen ihre Altersvorsorge auf eigene Faust auf. Das deutsche Rentensystem, das traditionell auf Angestellte ausgerichtet ist, bietet ihnen oft nur unzureichende oder unflexible Lösungen. Die Aktivrente hätte eine Chance sein können, diese Lücke zumindest teilweise zu schließen und die Anerkennung für diese wichtige Gruppe der Erwerbstätigen zu zeigen.
Die Ungleichbehandlung schürt Frust
Das Argument, dass Selbstständige ohnehin flexibler agieren und ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können, greift hier zu kurz. Viele von ihnen arbeiten oft weit über die 40-Stunden-Woche hinaus, ohne die Sicherheit eines festen Gehalts oder bezahlten Urlaubs. Die Altersarmut unter Selbstständigen ist ein zunehmendes Problem, und eine Regelung wie die Aktivrente hätte einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Absicherung leisten können.
Derzeit herrscht der Eindruck, dass der Staat erneut eine Zwei-Klassen-Gesellschaft schafft. Auf der einen Seite stehen die Arbeitnehmer mit einem weitreichenden sozialen Sicherungssystem und nun auch der Möglichkeit, ihre Rente aufzubessern, ohne Einbußen hinnehmen zu müssen. Auf der anderen Seite die Selbstständigen, die oft auf sich allein gestellt sind und jetzt bei einer neuen Regelung leer ausgehen. Diese Ungleichbehandlung schürt Frust und untergräbt das Vertrauen in die Politik.
Was sind die möglichen Folgen?
Wenn die geplante Aktivrente in ihrer jetzigen Form umgesetzt wird, könnte das schwerwiegende Folgen haben. Es sendet das Signal aus, dass die Selbstständigkeit als weniger wertvoll erachtet wird. Das könnte dazu führen, dass weniger Menschen den Weg in die Selbstständigkeit wagen. Deutschland ist jedoch auf innovative und kreative Einzelunternehmer angewiesen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und wirtschaftlich zu wachsen. Eine Politik, die diese Gruppe benachteiligt, ist daher kurzsichtig und schadet am Ende der gesamten Volkswirtschaft.
Was kommt als Nächstes?
Die Debatte um die Aktivrente steht erst am Anfang. Es ist zu hoffen, dass die Politik die Bedenken der Selbstständigenverbände ernst nimmt und eine faire Lösung findet. Eine Aktivrente, die für alle Erwerbstätigen – unabhängig von ihrem Status – gilt, wäre ein starkes Signal der Anerkennung und ein wichtiger Schritt in Richtung eines modernen, zukunftsfähigen Rentensystems. Wenn die Politik hier eine Chance verpasst, könnte der „Schlag ins Gesicht“ der Selbstständigen eine tiefe Narbe hinterlassen, die das Vertrauen in die Gerechtigkeit des Systems nachhaltig beschädigt.